Ganz im Mittelpunkt des Jubiläumsjahrs 1950 stand das 30. Stiftungsfest vom 3. bis 5. Juni. Den Auftakt bildete ein Festkonzert im „Lammsaal“ am Samstagabend. Sonntag, 7 Uhr wurde die Söflinger Einwohnerschaft durch das Blasorchester „festlich geweckt“, dann folgten konfessionell getrennte Gottesdienste. Die Feierlichkeiten waren mit dem ersten Kameradschafts-/Musikertreffen des Bezirks verbunden, und so fanden Standkonzerte in Söflingen, aber auch in Ulm (Westplatz, Hauptwachplatz = „Neue Mitte“) statt. Am Festzug durch die geschmückten Straßen (hinsichtlich der Ausstaffierung ihrer Häuser sollen dagegen die Vorstädter „engherzig“ gewesen sein) beteiligten sich 13 Kapellen und 7 andere Gruppen, bevor auf dem Festgelände im heutigen Meinloh-Forum zahlreiche Vorträge der Gastvereine zu Gehör kamen. Am Montag hatten die örtlichen Schulen wegen des Kinderfests – das erste nach dem Krieg – geschlossen. Nach dem Umzug erhielten ca. 800 Kinder vom Verein eine kostenlose Bewirtung. Bei einer internen Jubiläumsfeier (10. Juni) wurde der Hälfte aller Vereinsmitglieder eine Ehrung zuteil.
Kinderfest 1950
Kinderfest 1950 – Jugendkapelle
Über die eigenen, durch die Besatzungszonen bedingten Verbands- und Landesgrenzen hinweg waren im Juli Besuche des Kreismusikertreffens in Achstetten sowie des Kreismusikfests in Allmendingen auf dem Programm (beide im südlichen „Volksmusikverband Württemberg-Hohenzollern“; dieser vereinigte sich im selben Jahr mit dem württembergisch-badischen „Süddeutschen Musikerverband“ im Norden zum „Bund süddeutscher Volksmusiker“; [Süd-]Baden als drittes südwestdeutsches Land blieb außen vor).
Für seine Mitwirkung an Betriebsveranstaltungen erhielt der Verein bis 1953 insgesamt 26 Musikinstrumente von der Wieland-Werke AG übereignet.
Zum Jahresende steigerte sich die Zahl der Mitglieder auf 266. Zu Buche standen für das Blasorchester (36 Musiker) 42, das Streichorchester (24 Musiker) 61 und die Singgruppe (30 Sängerinnen und 26 Sänger) acht Auftritte (jeweils als ganzes oder in Abteilungen). Des weiteren ließen 22 Jungmusiker auf eine gesicherte Zukunft hoffen.
Im Juni 1951 nahm man am Musikfest des oberschwäbischen Bezirks in Laupheim teil, bevor im Juli – nach 14 Jahren Unterbrechung – wieder ein Bezirksmusikfest Ulm-Donau durchgeführt wurde. Beim Wertungsspiel in Blaubeuren erhielten sowohl das 34köpfige Blasorchester (Oberstufe: „Concerto grosso Nr. 26“ aus Händels „Feuerwerksmusik“) als auch die aus 24 Zöglingen bestehende Jugendkapelle unter der Leitung Andreas Jakobers (Anfänger-/Unterstufe: „Demophor“-Ouvertüre von F.-A. Boieldieu) das höchste Prädikat „vorzüglich“, ersteres zudem den „Ehrenpreis für die beste musikalische Leistung“ im Wettbewerb.
Jugendkapelle in Blaubeuren
Anläßlich des 100jährigen Jubiläums des Musikvereins Erbach mitsamt Fahnenweihe wurde dort die Patenschaft übernommen.
Erstmals stellten sich am Schwörmontag das Blasorchester auf der Neu-Ulmer Donauinsel und die Jugendkapelle in einer Zille beim „Nabada“ zur Verfügung. Bis dato waren die Blas- und die Streichmusik schon viele Jahre für Gartenkonzerte in Söflingen und in der Friedrichsau engagiert worden.
Das Anwachsen der Jugendkapelle auf 39 Köpfe führte dazu, daß abermals Instrumente knapp wurden.
1952 wurde der 29jährige Udo Botzenhart, Juniorchef einer Kohlehandlung und Spedition, zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
Die Stadt Ulm kündigte die mit dem Volksmusikverein „Lyra“ Ulm/Neu-Ulm zwei Jahre zuvor getroffene Vereinbarung, wonach dieser als eine Art Stadtkapelle jährlich gegen die Zahlung von 400 DM und ein „nötigenfalls geheiztes und beleuchtetes Lokal“ zehn Standkonzerte und städtische Veranstaltungen musikalisch zu bestreiten hatte. Anschließende Verhandlungen im Sinne einer Gleichberechtigung mit der „Lyra“, dem Musikverein „Harmonie“ Ulm sowie dem Musikverein Söflingen über einen zweijährigen Wechsel oder eine Aufteilung der Verpflichtungen scheiterten jedoch.
Der Süddeutsche Rundfunk (SDR) erschien zwecks Bandaufnahmen von Originalblasmusik für eine spätere Sendung (Mai 1953) in der Vorstadt. Neben dem Leistungsstand der Kapelle sei der Mut, zeitgenössische Musik zu spielen, ein weiteres Auswahlkriterium gewesen (im Bereich der „ernsten“ Literatur dominierten damals noch Bearbeitungen aus der Klassik und Romantik – entweder als Transkriptionen oder „Fantasien über…“).
Für die Kinder der Vereinsangehörigen gab es von nun an eine eigene Weihnachtsfeier mit Musik, Theater und Geschenken – bislang hatten unter 14jährige nur zur Hauptprobe am Vormittag gedurft. Das neugegründete Jugendstreichorchester eröffnete die Veranstaltung im umbenannten Vereinslokal, dem „Schlößle“.
Im Mai 1953 eröffnete eine vereinseigene Blasmusikschule mit kostenlosem Unterricht. Zielgruppe: Jungen im Alter von 12 bis 14 Jahren.
Beim 2. Bezirksmusikfest in Regglisweiler wurde dem in der Oberstufe angetretenen Blasorchester das bestmögliche Prädikat „mit Auszeichnung“ verliehen. Zu Ohren kamen die „Heitere Suite in drei Sätzen für Blasorchester“ (Alfred von Beckerath) und als Stundenchor „Festlicher Beginn“ (Gustav Lotterer).
Hauptsächlich aufgrund der aus der Doppeltätigkeit von Musikern sowohl im Blas- als auch im Salonorchester herrührenden Überlastung löste sich letzteres auf. Vom letzten Auftritt bei der Weihnachtsfeier ist laut Lokalpresse mehr oder weniger diplomatisch überliefert, daß mit zwei Sätzen aus Mozarts Streichquintett in c-Moll (KV 406) „dem musikalischen Empfinden leider etwas Abbruch getan“ bzw. die „Aufgabe […] nicht in vollem Umfang gemeistert wurde“. Das Jugendstreichorchester sollte in Zukunft den Stamm der Streichmusik bilden.
Singgruppe 1953 unter Leiter Karl Daur (links)
Im April 1954 gaben der Musikverein Söflingen und die befreundete Stadtkapelle Laichingen in ihren Heimatorten Doppelkonzerte mit alter und neuer, zeitgenössischer Originalblasmusik.
Die Wanderung an Christi Himmelfahrt nach Allewind (Ermingen) bot dem unter der Stabführung Ernst Fröhlichs wiedererstandenen Spielmannszug Gelegenheit, zum allerersten Mal in Erscheinung zu treten.
Im Juli führte der „Bund süddeutscher Volksmusiker“ in Aalen das 1. Bundesmusikfest mit rund 100000 Besuchern durch. Das Blasorchester (38 Mann) erreichte beim internationalen Wertungsspiel in der Kunststufe einen II. Rang (148,5 von 180 Punkten) und unter 24 Kapellen in dieser Kategorie Platz 13; vorgetragen wurden die „Sinfonie für Blasorchester“ von Beckerath sowie ein Zweiwochenchor (Festliche Musik für Bläser, Willy Schneider). Die Jugendkapelle (30 Musiker) erzielte 159 Punkte und damit einen I. Rang bzw. wurde zweite von elf. Der Spielmannszug beteiligte sich am Umzug.
Bundesmusikfest 1954 in Aalen – voran der neue Spielmannszug
In Ulm stand das 1100jährige Stadtjubiläum an. Die Aktiven des Musikvereins Söflingen wirkten bei zahlreichen Veranstaltungen mit: so in zwei Abteilungen gleichzeitig beim Bindertanz und dem Festzug des Fischerstechens, ein Konzert mit großem Zapfenstreich und Feuerwerk im Stadion, ein „Ulmer Abend“ im SDR…
Stadtjubiläum 1954
Zum in der Vereinsgeschichte dritten Ehrenmitglied wurde Altkassier Michael Gansloser, der das Amt des Schatzmeisters 27 Jahre innehatte, 1955 ernannt.
Nachdem ein geplantes Waldfest dreimal infolge schlechter Witterung nicht durchgeführt werden konnte, fand am Schwörmontag im Mack‘schen Garten ein Gartenfest statt. Dieses bildet den Ursprung des heutigen „Schwörmontagsausklangs“ auf dem Söflinger Klosterhof.
Jugendstreichorchester 1955, Dirigent Ernst Scheider (Mitte)
1956 zählte der Musikverein zum Gründerkreis des Vorstadtvereins Söflingen als örtliche Dachorganisation. Ein Jahr zuvor waren die Feierlichkeiten zur 50jährigen Eingemeindung nach Ulm ausgefallen, weil der Stadt kein Ansprechpartner zur Verfügung stand.
Im Juli trat Dirigent Emmo Mittmann als Hauptmann in die neuentstandene Bundeswehr ein und leitete den Vorläufer des späteren Heeresmusikkorps 10 bzw. HMK Ulm. Seine häufige Abwesenheit (Ellwangen) hatte zwangsläufig Schwierigkeiten in der Direktion zur Folge.
Mit einer dreitätigen Reise nach Südtirol folgte man der Einladung der Musikkapelle Marling, welche 1954 im Rahmen ihres Besuchs des Aalener Bundesmusikfests in Söflingen beherbergt worden war.
Unter zwei Bewerbern setzte sich am Jahresanfang 1957 Musikmeister Xaver Eichner in geheimer Abstimmung als neuer Leiter des Blasorchesters durch. Allerdings sollte die Zusammenarbeit die Probezeit nicht überdauern.
In Anwesenheit des Präsidenten des „Bundes süddeutscher Volksmusiker“ wurde bei der Dirigenten- und Vorstandstagung des Bezirks Ulm mittels eines Demonstrationskonzerts „Originale Blasmusik“ und Dozent Willy Schneider (Musikhochschule Trossingen) für diese moderne Musikrichtung geworben.
Die Dirigenten Emmo Mittmann und Paul Kühmstedt
Zum Mai/Juni übernahm der hier geborene Paul Kühmstedt die Dirigentenstelle, welche er dann 19 Jahre innehatte. Auch als progressiv orientierter, vielschaffender Komponist für Blasmusik gelangte er zu großer Bedeutung.
Im Juni war die 126 Mitglieder zählende Knabenmusik der Stadt Zürich samt ihrer Tambourengruppe zum ersten Mal Gast an Donau und Blau und wurde von Tausenden empfangen. Das Programm umfaßte den Fußmarsch mit klingendem Spiel von Ulm in Vorstadt, unterbrochen durch ein Standkonzert auf dem Marktplatz – es sollen so viele Zuhörer zugegen gewesen sein wie schon lange nicht mehr – ein großangelegtes Doppelkonzert in der nagelneuen Donauhalle sowie die Beteiligung am Söflinger Kinderfestumzug mit 1500 kleinen Teilnehmern. Im Dankschreiben blieb als Erinnerung u. a. haften: „Dabei haben wir in Euch, lieben Söflingern, ein arbeitsames und fröhliches Völklein kennengelernt, das trotz der schweren Arbeitslast noch Zeit findet zur Unterhaltung und gemeinsamer Fröhlichkeit.“
Einen Monat später richtete der MV Stadtkapelle Laichingen das Bezirksmusikfest aus. Söflingen fungierte drei Tage lang als Festkapelle, trat in der Kunststufe mit der „King Orry“-Rhapsodie von Haydn Wood sowie als Stundenchor Hans Felix Husadels „Die kleine Platzmusik“ an und erzielte mit 116 (v. 120) Punkten auch die höchste Punktzahl im Wettstreit.
Erstmals verpflichtete die Stadt den Musikverein zur feierlichen Umrahmung der Jungbürgerfeier in der Donauhalle.
Im März 1958 veranstaltete der Bezirk Ulm des „Bundes süddeutscher Volksmusiker“ in der Donauhalle ein Großkonzert mit dem Titel „Blasmusikkomponisten dirigieren eigene Werke“. Beteiligte waren der Musikverein Söflingen (47 Musiker) zusammen mit der Harmonie-Lyra Ulm (14 Musiker) plus 11 Aushilfen, geleitet von Willy Schneider, Paul Kühmstedt und Hermann Regner, die Stadtkapelle Waldsee (Alfons Meier-Böhme) sowie die Stadtkapelle Ravensburg (Hans Felix Husadel) mit der Stadtkapelle Tuttlingen (Gustav Lotterer).
Am Bundesmusikfest in Ravensburg beteiligten sich 180 in- und 14 ausländische Kapellen, davon maßen sich 20 in der Kunststufe. Mit Paul Kühmstedts viersätziger „Comedietta“ und dem Pflichtstück „Ballade eroica“ (H. Haase-Altendorf) gelang es, das international besetzte Wertungsgericht zu überzeugen, welches 119 von 120 erreichbaren Punkten vergab und damit dem besten Ergebnis aller Teilnehmer höchste Anerkennung zollte.
Die Stadt übertrug dem Blasorchester erstmalig die musikalische Gestaltung der Schwörfeier; der Schwörmontagsausklang verlagerte sich auf den Klosterhof. Dabei nahmen 700 Kinder am Lampionumzug teil. Oberbürgermeister Pfizer rückte samt Hofstaat aus der Friedrichsau an und dirigierte den „Treuen Husaren“. Auch die Nachfolger sollten es so halten.
Anfang September wurde der Besuch der Knabenmusik Zürich im vergangenen Jahr erwidert. Empfangen wie Staatsgäste, gaben die von der Schweizer Presse als „1.-Klass-Musikverein“ titulierten Söflinger und die KMZ dort ein Galakonzert.
Ab 1959 wirkte der Musikverein bei den Spatzenbällen zu Jahresbeginn in der Donauhalle mit (Wohnungshilfswerk, Stadt Ulm).
Beim Musikverein gab’s nicht nur was zu hören, sondern auch zu sehen: Marsianer …
… und orientalische Sinnlichkeit (Fasching 1959).
Infolge des ersten Platzes in Ravensburg berief das Präsidium des „Bundes deutscher Volksmusiker“ den Musikverein Söflingen zu seinem Repräsentanten – und damit auch der Bundesrepublik Deutschland – beim Internationalen Musikwettbewerb der Weltdachorganisation CISPM (Confédération Internationale des Societés Populaires de Musique = Westeuropa und Kanada mit 15 Verbänden), welcher im Zeichen der Völkerverständigung vom 11. bis zum 13. September 1959 in der französischen Kurstadt Vichy ausgetragen wurde. Bevor man im Sonderwaggon losfuhr (24 Stunden, mit Unterbrechungen), nahm der SDR die Generalprobe auf.
Teilnehmer:
- Belgien, Frameries: Société Royale d’Harmonie, 91 Musiker
- Bundesrepublik Deutschland, Ulm: Musikverein Söflingen, 56 Musiker
- Frankreich, Mulhouse/Mülhausen: Harmonie des Mines de Potasse d’Alsace, 112 Musiker
- Italien/Südtirol, Bruneck: Bürgerkapelle, 65 Musiker
- Luxemburg, Differdange/Differdingen: Harmonie Municipale, 88 Musiker
- Niederlande, Tilburg: Koninklijke Harmonie Orpheus, 69 Musiker
- Saarland, Saarwellingen: Musikverein „Harmonie“, 50 Musiker
- Schweden, Karlskoga: Bofors Musikkår, 40 Musiker
- Schweiz, Lausanne: Harmonie Municipale, 65 Musiker
Eine Regionalzeitung beschrieb zum Festkonzert am Freitagabend auf dem Rathausplatz die mehr oder weniger geschmackvolle Ausstaffierung der Kapellen. Von der Warte der „Haut Couture“ aus war man erstaunt über „ohne Uniform“ bis hin zu „würdig des Amtssitzes des Präsidenten der Republik“. Zu den Deutschen mit schlichten Erscheinungsbild hieß es: „In ihrem weißen kurzärmeligen Hemd könnte man über Turner beim Training sprechen. Sie marschieren im Gleichschritt und schlagen kriegerisch den Takt.“ Ernst wurde es am Sonntag: vormittags kam im Kasino das vorgeschriebene Stück, welches die Orchester drei Monate vor dem Wettbewerb erhielten, die „Ouverture Tableau“ von Roger Boutry zum Vortrag, nachmittags wurde – vor 12000 bis 15000 Zuhörern im Kurpark und Fortuna war holt – unmittelbar auf der Bühne unter drei selbstgewählten Werken Kühmstedts „Comedietta“ zugelost. Und das wochenlange, fast tägliche Üben sollte sich mit dem zweiten internationalen und dem ersten Preis der Nation Frankreich auszahlen, was keiner deutschen Kapelle zuvor gelang. Damit hatte der durch unermüdliche, zähe und gewissenhafte Arbeit erreichte gewaltige Aufstieg seinen Höhepunkt gefunden. Als außerdem die ob ihres Auftretens mit besonderen Sympathien bedachten Ulmer nach dem Festzug am „Grabmal des unbekannten Soldaten“ Blumen niederlegten und die Marseillaise spielten, kamen den Franzosen vor lauter Ergriffenheit gar die Tränen.
Festzug beim Internationalen Musikfest Vichy 1959